Bandscheibenvorfall
Symptome
Welche Symptome treten bei Bandscheibenvorfall auf?
Nicht jeder Bandscheibenvorfall muss zwangsläufig Beschwerden in Form von
Rückenschmerzen verursachen. Treten allerdings im Rahmen eines
Bandscheibenvorfalles Beschwerden auf, so sind sie vor allem auf die Verlagerung
des Gallertkernes zurückzuführen, der auf einzelne Nervenwurzeln, auf
Nervenfaserbündel und / oder das Rückenmark drückt.
Nachfolgend soll auf die Symptome des Bandscheibenvorfalls eingegangen werden,
die durch Druck auf die oben erwähnten Bereiche ganz unterschiedlich ausfallen
können.
Druck auf Nervenwurzeln löst stets intensive Schmerzen aus, die in Arme und /
oder Beine hinein ausstrahlen können. Mit diesen starken Schmerzen können auch
Gefühlsstörungen auftreten, man spricht von: Ameisenlaufen, Kribbelgefühl,
Taubheit. Je nach Stadium und Ausmaß des Bandscheibenvorfall können Symptome
auch die Minderung von Muskelkraft oder gar Lähmungen einzelner Muskelbereiche
zur Folge haben.
Je nach Lokalisation des Bandscheibenvorfalles, variieren die Symptome.
Bandscheibenvorfälle im Bereich der Brustwirbelsäule können Gefühlsstörungen,
Krämpfe (Spasmen) oder gar Lähmungen hervorrufen, wohingegen ein
Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule beispielsweise
Blasenlähmungen hervorrufen kann. Auch Lähmungen der Beinmuskulatur sind
möglich.
Symptome bei Druck gegen Nervenfaserbündel, den Pferdeschweif (Cauda equina):
Fehlende Beherrschung der Blasen- und Mastdarmfunktion, Sensibilitätsstörungen
im analen und/ oder genitalen Bereich Innenseite der Oberschenkel, unter
Umständen verbunden mit einer Lähmung der Beine.
Konservative Behandlung
Außer bei akuten, medianen Vorfällen, die zu großen Beeinträchtigungen führen
und motorischen, sowie sensorischen Ausfälle implizieren können, wird der
Bandscheibenvorfall im Allgemeinen zunächst konservativ therapiert.
Zunächst wird die Wirbelsäule durch Bettruhe entlastet. Diese Ruhigstellung kann
über einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen andauern. Durch die Bettruhe
können unter Umständen Beschwerden (Rückenschmerzen) im Bereich der
Lendenwirbelsäule auftreten, die durch ein so genanntes Stufenbett gemildert
werden können.
Ist die Halswirbelsäule von einem Bandscheibenvorfall betroffen, so kann die
Ruhigstellung über eine Halsmanschette erfolgen.
Medikamentöse Behandlung
Nicht nur bei Wirbelsäulenerkrankungen wie dem Bandscheibenvorfall spielt
die medikamentöse Therapie (Pharmakotherapie) eine bedeutende Rolle im Rahmen
der so genannten Schmerztherapie. Im Hinblick auf den Bandscheibenvorfall sind
es besonders die nicht-steroidalen Antiphlogistika, die NSAR, wie beispielsweise
Ibuprofen, Diclofenac (Voltaren), Indometacin oder COX-2-Hemmer (kein Vioxx
mehr!), die zum Einsatz kommen und in der Regel als Tabletten, Kapseln oder
Suppositorien oder in Form von intramuskulären Injektionen oder intravenösen
Infusionen beim Bandscheibenvorfall verabreicht werden.
Eine entzündungshemmende, abschwellende (= antiphlogistische) Wirkung haben in
besonderer Weise die Kortikosteroide (Kortison). Sie sollten nur unter
ärztlicher Kontrolle eingenommen werden und vom Arzt nur dann verordnet werden,
wenn die individuellen Voraussetzungen gegeben sind.
Zur oben erwähnten medikamenösen Behandlung des Bandscheibenvorfalls können
darüber hinaus Medikamente zur Muskelentspannung (Muselrelaxanzien, z.B.
Tetrazepam) verordnet werden, die die durch nicht – steroidale Antiphlogistika
hervorgerufene schmerzlindernde Wirkung potenzieren können. Relaxantienten
mindern über ein Auflösen der Muskelverspannung einen Teil der Beschwerden.
Ist der Bandscheibenvorfall soweit fortgeschritten, dass sich die Schädigung
bereits auf die peripheren Nerven ausrichtet, wie dies beispielsweise im Rahmen
einer Nervenwurzelbeeinträchtigung der Fall ist, können Antidepressiva oder
Antikonvulsiva die Schmerzgrenze anheben.
Chronische Schmerzen, die ständig vorliegen und die eigentliche Funktion des
Schmerzes, die Warnfunktion, nicht mehr ausüben, können durch vom Arzt
verabreichte Opiate, bzw. Opioide, beispielsweise in Form eines so genannten
Schmerzpflasters, verordnet werden.
Die Einnahme von Medikamenten über einen gewissen Zeitraum hinweg, kann zu
teilweise erheblichen Nebenwirkungen führen. Eigentherapien sollten deshalb auf
jeden Fall unterlassen werden. Eine Schmerztherapie des Bandscheibenvorfalls
gehört stets in die Hand eines Arztes. Nur er kann durch Einschätzung des
individuellen Krankheitsausmaßes die richtige Behandlung verordnen.
Physiotherapie
Durch die Kräftigung der Rückenmuskulatur im Rahmen physiotherapeutischer
Maßnahmen wird eine verbesserte muskuläre Führung der Wirbelsäule erzielt, die
letztlich dann auch eine geringere Belastung der Bandscheibe bewirkt. Die
physiotherapeutischen Maßnahmen im Rahmen der konservativen Behandlung des
Bandscheibenvorfalles stellen einen sehr wichtigen Bereich dar.
Hier für haben wir mit unserer Physiotherapeutin im Team einen komplett eigenen
Bereich erarbeitet: Mehr zum Thema Krankengymnastik bei einem
Bandscheibenvorfall
Peridurale Infiltration (PDI) und periradikuläre Therapie (PRT)
Bei der periduralen Infiltration (PDI) bzw. der periradikulären Therapie (PRT)
des Bandscheibenvorfalls werden unter computertomographischer Kontrolle
schmerzstillende, entzündungshemmende und gewebsverödende Medikamente
millimetergenau an die schmerzende Nervenwurzel verabreicht. Dadurch kommt es zu
einer Eindämmung der um die Nervenwurzel stattfindenden "mechanischen
Entzündung" und zu einer Abschwellung des Nerven. Im Falle von
Bandscheibenvorfällen kann manchmal auch ein Schrumpfen des verlagerten
Bandscheibengewebes beobachtet werden. Während wir die PDI beim
Bandscheibenvorfall vorzugsweise im Lendenwirbelsäulenbereich anwenden,
empfiehlt sich die PRT eher für die Halswirbelsäule. Der Eingriff stellt keinen
Ersatz zur operativen Therapie dar, kann aber im Falle von auf sonstige
konservative Maßnahmen therapieresistenten Schmerzen bei fehlenden oder nur
geringfügigen neurologischen Symptomen als Alternative zur Operation
herangezogen werden.
Auch bei Schmerzen nach Bandscheibenoperationen lässt sich in vielen Fällen
Beschwerdefreiheit erzielen. Der Einsatz der Computertomographie ist für diese
Art von Eingriffen im LWS - Breich nicht zwingend notwendig.
Operative Therapie
Heutzutage wird die Indikation zur Operation bei einem Bandscheibenvorfall
nur noch zurückhaltend gestellt. In der Regel wird nur bei akuten (medianen)
Massenvorfällen (= Massenprolapse) meist im Bereich der Lendenwirbelsäule, die
unter anderem Lähmungszeichen bewirken, direkt zur Operation geraten. Dies liegt
unter anderem damit begründet, dass eine große Chance zur Heilung durch
konservative Therapieformen besteht.
Sollte eine lang angewendete konservative Therapie des Bandscheibenvorfall
jedoch keine oder nur unzulängliche Schmerzrückbildungen mit sich bringen,
besteht eine so genannte „relative Operationsindikationen“
Generell kann eine operative Therapie einen erneuten Vorfall nicht verhindern.
Auch ein wucherndes Narbengewebe kann die operative Maßnahme in Frage stellen.
Minimalinvasive Verfahren
Da traditionelle, offene Operationsverfahren im allgemeinen mit Risiken
behaftet sind und einen längeren Aufenthalt im Krankenhaus mit sich bringen,
wurden so genannte minimalinvaisve Verfahren zur Operation entwickelt. Diese
minimalinvasiven Verfahren können – sofern die Rahmenbedingungen stimmen –
ambulant und in lokaler Anästhesie durchgeführt werden. Risiken, die durch eine
Narkose nicht ausgeschlossen werden können, werden hierbei reduziert.
Minimalinvasive Verfahren können allerdings nicht in jedem Erkrankungsstadium
des Bandscheibenvorfalls durchgeführt werden. Klassischerweise wird dieses
Verfahren bei einfachen und relativ neuen Bandscheibenprotrusioen und –prolapsen
durchgeführt. Eine Sequestrierung (Heraustreten von Bandscheibengewebe) wird in
der Regel nicht minimalinvasiv therapiert.
Einen Ausschluss im Hinblick auf diese Form der operativen Maßnahme stellt auch
eine Voroperation dar. Das heißt: Patienten, die bereits an einem
Bandscheibenprolaps operiert wurden, sollten mit dieser Methode nicht wieder
behandelt werden.
Zu den klassischen minimalinvasiven Verfahren gehören:
Chemonukleolyse
Als Chemonukleose bezeichnet man das chemische Verflüssigen und das
anschließende Absaugen des inneren Gallertringes der Bandscheibe.
Laserabtragung der Bandscheibe
Eine weitere therapeutische Maßnahme des Bandscheibenvorfalls stellt die
Laserabtragung der Bandscheibe dar. Ähnlich wie bei der minimalinvasiven
Therapie, ist auch dieses Verfahren nur für unkomplizierte, frische Vorfälle
geeignet.
Diese Maßnahme beruht ebenfalls auf dem Prinzip der Volumenreduktion im Bereich
der Bandscheibe die mittels eines medizinischen YAG - (Yttrium-Aluminat-Granat)
- Lasers durchgeführt wird.
Perkutane Nukleotomie
Dieses Verfahren ähnelt der Chemonukleose insofern, als dass auch hier eine
Volumenreduktion durch Absaugen des inneren Gallertkernes erfolgt. Anders als
bei der Chemonukleose wird allerdings kein Enzym zur Verflüssigung eingesetzt,
sondern der Bandscheibenvorfall mechanisch entfernt.
Mikrochirurgische Chirurgie
Da große Hautwunden und große Operationsfelder nach der Operation des
Bandscheibenvorfalls meistens eine längere Erholungsphase für Patienten mit sich
führen, wird durch minimalinvasive chirurgische Verfahren versucht, das
Eingriffsfeld möglichst klein zu halten. Besonders bei unkomplizierten
Bandscheibenvorfällen im Bereich der Lendenwirbelsäule, lässt sich dieses
Verfahren gut einsetzen. Über einen kleinen Schnitt wird unter Einsatz eines
Mikroskopes der Bandscheibenvorfall herausgeschnitten.
Konventionelle offene Chirurgie
Schwierigere Bandscheibenvorfälle können mittels minimalinvasiver Methoden
(siehe oben) nicht behandelt werden. Dies sind beispielsweise
Bandscheibenvorfälle, die Neurofamina betreffen, Bandscheibenvorfälle, die schon
längere Zeit bestehen oder über mehrere Etagen verteilt werden. In diesen
schwerwiegenden Fällen muss ein größerer, offener Zugangsweg gewählt werden, der
einen breiteren Einblick in das Operationsgebiet ermöglicht.
Um dies zu ermöglichen, wird mindestens ein Teil des Ligamentum flavum ein- oder
beidseitig entfernt. Man spricht hier von einer „Fensterung“, die den Zugang auf
die Bandscheibe und die betreffende Nervenwurzel ermöglicht. Muss man die
Nervenwurzeln zweier benachbarter Etagen darstellen, wird unter Umständen die
Entfernung eines Wirbelkörperhalbbogens oder des gesamten Wirbelbogens
notwendig. Dadurch kann man in alle relevanten Strukturen einsehen und sie für
die Behandlung zugänglich machen. Der Bandscheibenvorfall kann ganz oder
teilweise entfernt werden. Die Rekonvaleszenz (= Genesung) ist aufgrund der
umfangreicheren Präparation zwangsläufig länger, als beim mikrochirurgischem
Verfahren.
An der behandelten Stelle entsteht – wie bei allen anderen operativen Eingriffen
– ganz unvermeidlich ein Narbengewebe, dessen Umfang individuell unterschiedlich
ist. Im ungünstigen Falle neigt dieses Narbengewebe zur Wucherung, was wiederum
raumfordernd wirkt und Druck auf die Nerven ausübt. In solchen Fällen kann eine
weitere Operation zur Reduktion des Narbengewebes notwendig werden (Postnukleotomiesyndrom).
Ein Postnukleotomiesyndrom kann nur in Ausnahmefällen chirurgische angegangen
werden. Daher stehen zur Bekämpfung des chronischen Schmerzes nur konservative
Therapiemethoden zu Verfügung.
Im Rahmen der Therapie vom chronischen Schmerz haben wir mit den
Schmerzspezialisten unseres Teams ein Programm entwickelt.
Besonders geeignet hat sich in diesem Bereich die progressive Muskelrelaxation,
das sich an Personen richtet die unter chronischen Rückenschmerzen leiden,
richtet.
Weitere Informationen finden Sie unter progressive Muskelentspannung.
Auch kann sich eine schmerzhafte Wirbelsäuleninstabilität nach Ausräumung einer
Bandscheibenetage entwickeln. Auch hier können Folgeoperationen notwendig werden
z.B. eine Versteifungsoperationen.
Bandscheibenprothese
In immer größerem Ausmaß werden auch Bandscheibenprothese eingesetzt, die
die Funktion einer normalen Bandscheibe imitieren sollen und insbesondere vor
der gefürchteten Wirbelsäuleninstabilität schützen sollen.
Den Bandscheibenprothesen wird bislang eine lange Haltbarkeit attestiert,
allerdings fehlen noch ausgiebigere Untersuchungsstudien. Welche Stellenwert die
Bandscheibenprothese in Zukunft hat und welcher Typ der Bandscheibenprothese
sich Letztendlich durchsetzen wird, wird sich zeigen.
Prophylaxe
Es gibt keine spezifische Vorsorge, die vor einem Bandscheibenvorfall
grundsätzlich schützt. Durch die Veränderung und Anpassung der Lebensweise,
beispielsweise in Form von Kräftigung der Rückenmuskulatur und Bauchmuskulatur
durch Training an einer adäquaten Kraftstation, kann allerdings das Risiko
gemindert werden. Aus unserer und Erfahrung ist ein solches Training die beste
und wichtigste Prophylaxe.
Zur Veränderung und Anpassung gehört natürlich auch eine richtige Arbeitshaltung
bei Tätigkeiten im Berufsleben und im Haushalt. Beispielsweise sollten schwere
Gegenstände aus der Hocke mit gestrecktem Rücken (ins Hohlkreuz gehen) gehoben
werden. Beim Staubsaugen beispielsweise kann durch die Einstellung des
Saugrohres eine aufrechtem entspannte Arbeitsposition erreicht werden. Bei
überwiegend sitzender Tätigkeit ist es sinnvoll, in kürzeren Abständen
aufzustehen und umherzulaufen. Speziell für diese Berufsgruppe gibt es auch
Programme mit Entspannungs- und Lockerungsübungen. Eine ergonomische Anpassung
der Sitzgelegenheiten durch höhenverstellbare Sitzflächen und Sitzlehnen kann zu
einer Schonung der Wirbelsäule beitragen. Dies gilt besonders auch bei
Berufskraftfahrern.